Nachrichten

Landtags-Oppositionen fordern mehr Mitbestimmung bei Corona-Politik

Werbung der Bundesregierung in Coronakrise, über dts Nachrichtenagentur

München (dts Nachrichtenagentur) – In mehreren Landtagen werden Stimmen nach mehr parlamentarischer Beteiligung in der Coronakrise laut. Zwar benötige die Regierung in einer Krise die Möglichkeit zu schnellem Handeln und dafür auch gewisse Freiräume, „die grundsätzlichen Regeln müssen dennoch parlamentarisch legitimiert werden“, sagte die bayerische Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze der „Welt“ (Freitagausgabe). „CSU und Freie Wähler lassen sich von der Regierung mit dem Nasenring durch die Manege ziehen, und es stört sie nicht einmal.“

Anzeige

In Bayern sieht sich auch eine Koalitionsfraktion übergangen. „Leider war die Regelung nicht mit unserer Landtagsfraktion abgesprochen“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Florian Streibl, zur Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu stärkeren Corona-Beschränkungen für Gegenden mit mehr als 100 aktuellen Infektionen pro 100.000 Einwohnern. „Wir nehmen das sportlich, hätten uns aber im Vorfeld der Rede von Ministerpräsident Söder gerne mit unseren guten Ideen eingebracht.“ Scharfe Kritik regt sich auch in Niedersachsen. Das Regieren über Verordnungen werde gerade zum Dauerzustand, aber auf Akzeptanz in der Bevölkerung treffe man nur, wenn das Forum, in dem demokratische Prozesse transparent und nachvollziehbar sind, bewahrt werde, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner. „Die Parlamente sind das öffentliche Forum für die politisch-gesellschaftliche Debatte. Diese Funktion ist momentan ausgeschaltet.“ In Mecklenburg-Vorpommern wird die Linken-Fraktion in der nächsten Landtagssitzung einen Eilantrag stellen, wonach vor allem Änderungen an den bisherigen Corona-Verordnungen im Landtag debattiert und beschlossen werden müssen. „Obwohl es immer wieder um Grundrechtseinschränkungen und gravierende Eingriffe in das Leben der Bürger geht, darf sich der Landtag nur von den Fachministern in den Ausschüssen informieren lassen, ohne eine Möglichkeit zur Intervention zu haben“, sagte Linken-Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg. In Berlin setzt sich die AfD-Fraktion für einen Sonderausschuss zu Corona-Verordnungen im Abgeordnetenhaus ein, der als Gremium für mehr Mitbestimmung fungieren soll. Dieser „könnte der Effektivität und Beschleunigung dienen, damit das Parlament endlich in die Lage versetzt wird, Corona-Maßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls überzogene Maßnahmen auch aufheben zu können“, sagte Marc Vallendar, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion. Auch in Nordrhein-Westfalen wächst unter den Abgeordneten das Bedürfnis nach mehr Mitsprache. „Die Bekämpfung der Corona-Pandemie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, aber die NRW-Landesregierung agiert hier fortlaufend im Alleingang“, kritisierte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Verena Schäffer sagte: „Ein halbes Jahr nach Ausbruch der Pandemie ist es nicht angemessen, immer neue Grundrechtseingriffe auf dem Verordnungswege ohne Parlamentsbeteiligung zu erlassen.“

Foto: Werbung der Bundesregierung in Coronakrise, über dts Nachrichtenagentur

Vorheriger Artikel

Teichert bemängelt Ausstattung der Gesundheitsämter

Nächster Artikel

Handelsverband Lebensmittel sieht keinen Grund für Hamsterkäufe

1 Kommentar

  1. W. Lorenzen-Pranger
    23. Oktober 2020 um 0.19 — Antworten

    Ein regionaler Spiegel dessen, was gerade weit überregional, teilweise international, passiert.

    https://www.heise.de/news/Studie-Regierungen-nutzen-Coronakrise-als-Vorwand-fuer-Ueberwachung-und-Zensur-4931353.html

    SO kann es jedenfalls nicht weiter gehen – oder die Demokratie ist auch hierzulande sehr bald im Eimer. Aber, wer nur die Hoffnung auf Diktatur und Zentralismus, ob nun von „links“ oder „rechts“, gelernt hat…

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.