Kommunen wollen Löwenanteil aus Sondervermögen
Angesichts ihrer desolaten Finanzlage drängen die Kommunen auf den Löwenanteil der 100 Milliarden Euro, die aus dem Sondervermögen Infrastruktur für die Länder und Kommunen vorgesehen sind. „Die Länder dürfen jetzt keine Spielchen treiben und versuchen, den Anteil der Kommunen zu drücken“, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung (SPD), der „Rheinischen Post“ (Samstagsausgabe).
Jung ergänzte, der Bund müsse dafür sorgen, dass „ein fairer Anteil an den 100 Milliarden“ für die Städte und Gemeinden mit ins Bundesgesetz zur Verteilung des Sondervermögens hineinkomme. Dieser müsse dem Anteil der Kommunen an den öffentlichen Investitionen im jeweiligen Bundesland entsprechen. „Das wären auf jeden Fall mehr als 60 Prozent, in vielen Bundesländern sogar deutlich mehr“, so der Präsident.
Die Kommunen hätten im vergangenen Jahr ein Rekorddefizit von fast 25 Milliarden Euro verkraften müssen, „und sie schieben einen Investitionsstau von fast 190 Milliarden Euro vor sich her“, ergänzte der Leipziger Oberbürgermeister. „Dahinter stecken Schulen, die nicht saniert werden können, Brücken, die nicht repariert werden, und Buslinien, die eingestellt werden müssen.“ Jung weiter: „Wir brauchen deshalb dringend den Löwenanteil aus dem Sondervermögen – schnell und unkompliziert.“
Aus der deutschen Wirtschaft kommt unterdessen scharfe Kritik am jüngsten Bund-Länder-Beschluss, wonach die Länder auch bereits geplante Investitionsprojekte aus ihrem 100-Milliarden-Euro-Anteil aus dem Infrastruktur-Sondervermögen finanzieren dürfen. „Bei den geplanten Investitionen aus dem Sondervermögen sind Bund, Länder und Kommunen in der Pflicht, durchgängig zusätzliche Projekte umzusetzen“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der „Rheinischen Post“.
„Es ist gut, dass Bund, Länder und Kommunen jetzt schnell einen Ausgleich ihrer Interessen erreichen wollen. Von besseren Investitionsanreizen und einer wieder anziehenden Wirtschaft profitieren alle über wachstumsbedingte Steuereinnahmen“, sagte er. „Wir haben in Deutschland einen enormen Investitionsstau, den wir auflösen müssen. Im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau sind allein 2024 rund 65 Milliarden Euro an privaten Investitionen ausgeblieben“, warnte Adrian.
Neues Vertrauen der Unternehmen in die Politik werde die Politik zudem nur mit einer verlässlichen, schnellen Umsetzung der steuerpolitischen Entlastungen schaffen können. „Die Unternehmen erwarten, dass die angekündigten Entlastungen jetzt schnell bei ihnen ankommen. Jede Verzögerung oder gar Verwässerung würde den möglichen positiven Effekt wieder verpuffen lassen“, so der Chef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
„Auch ausländische Investoren werden nicht allein wegen einer befristeten Verbesserung der degressiven Abschreibung nach Deutschland kommen“, sagte Adrian und forderte auch deutlich mehr Reformbereitschaft bei Union und SPD mit Blick auch auf das Sozialsystem. „Sie brauchen wie auch die hiesigen Unternehmen langfristig attraktivere Standortbedingungen. Erforderlich sind daher auch echte Reformen in vielen Bereichen, etwa bei der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung, dem Bürokratieabbau oder bei den Sozialabgaben“, sagte Adrian.
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dts Nachrichtenagentur
Foto: via dts Nachrichtenagentur
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