
Cahit Tolan, Peter Meiwald und Ali Atalan (von links) informierten über die Situation der Opposition in der Türkei.
Foto: privat
Oldenburg (am/pm) Im Rahmen des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ haben die Bundestagsabgeordneten Peter Meiwald (Grüne), Karamba Diaby (SPD) und Frank Heinricht (CDU) die Patenschaft für ihren türkischen Kollegen Osman Baydemir (Demokratische Partei der Völker / HDP) übernommen. Mehr als 60 Abgeordnete engagieren sich für ihre bedrohten Kollegen in der Türkei.
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„Es geht um die Bewahrung der Menschenrechte in der Türkei und um die bin ich sehr besorgt“, sagt Peter Meiwald. „Ich habe die Patenschaft für den Kollegen Baydemir übernommen, weil die Opposition akut gefährdet ist, inhaftiert und in ihrer Arbeit behindert wird.“ Meiwald hat sich von dem kürzlich aus der Türkei nach Deutschland gekommenen HDP-Abgeordneten Ali Atalan über die neuesten Entwicklungen informieren lassen. Atalan vertritt die yezidische Minderheit in der Großen Nationalversammlung in der HDP: „Erdogan baut ein diktatorisches Regime auf, das keinen Widerspruch duldet. Mehr als 50 Bürgermeister der HDP sind in Haft, dazu zwölf Abgeordnete der HDP inklusive des Fraktionsvorstandes. Tausende weiterer Mitglieder der HDP sind in den letzten Monaten verhaftet worden und alle warten auf ihren Prozess. Ich selbst muss mich Ende Januar der Staatsanwaltschaft stellen. Einziger Vorwurf: Ich habe zu einer Friedensdemonstration aufgerufen.“ Er fordert die Bundesregierung und die EU auf, die Gespräche mit der Türkei nicht abzubrechen, denn das fördere nur die radikalen politischen Interessen Erdogans. Es gelte vielmehr nun, sich mit den fortschrittlichen Kräften in der Türkei zu solidarisieren.
Der yezidische Rechtsanwalt Cahit Tolan aus Oldenburg beklagte die Menschenrechtssituation seit dem vergangenen Sommer in der Türkei. Knapp 10.000 Türken hätten wegen der repressiven Politik Erdogans ihr Heimatland verlassen und in Deutschland Asyl gesucht. Meiwald, Atalan und Tolan appellierten gemeinsam an die Bundesregierung, sich für Rechtsstaatlichkeit und die Wiederherstellung der parlamentarischen Rechte in der Türkei einzusetzen und den Verfolgten Asyl in Deutschland zu gewähren. Die Bundesregierung wie auch weite Teile der Europäischen Union (EU) würden sich vom türkischen Staatspräsidenten Recep Erdogan in der Flüchtlingsfrage erpressen lassen, betont Meiwald. Durch diese Lähmung deutscher Außenpolitik gegenüber der Türkei fühle sich Erdogan beflügelt, unter dem Deckmantel der Sicherheitspolitik das Parlament und seine frei gewählten Abgeordneten immer weiter einzuschüchtern und zu schwächen.
„Parlamentarier schützen Parlamentarier“
Das fraktionsübergreifende Programm „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ (Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Bundestages) wurde vor 13 Jahren ins Leben gerufen. Es ist eine Aktion des Deutschen Bundestages für verfolgte und bedrohte Politiker (aber auch für Menschenrechtler, Aktivisten und Journalisten). Die Idee ist, dass Parlamentarier, die ihr Mandat in Sicherheit ausüben können, gefährdeten ausländischen Kollegen helfen.
Jetzt kommt das Schutzprogramm wegen der Unterdrückung der Parlamentarier in der Türkei zum Tragen. Mittlerweile engagieren sich mehr als 60 Abgeordnete für ihre bedrängten Kollegen der oppositionellen HDP. Sie setzen symbolische Zeichen, besuchen sich gegenseitig und sorgen dafür, dass das Thema in der Öffentlichkeit bleibt.