
Die Komödie „Richtfest“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz läuft derzeit im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters.
Foto: Stephan Walzl
Oldenburg (vs) Wie wollen wir in Zukunft wohnen und alt werden? Alleine oder lieber in Gemeinschaft? Diese Frage treibt viele Menschen um und sorgt für neue gemeinschaftliche Wohnprojekte, wie sie es auch in Oldenburg bereits gibt. Um eben solch ein ambitioniertes Bau- und Wohnprojekt dreht es sich in der Komödie „Richtfest“, die derzeit im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters zu sehen ist. Das amüsant inszenierte Schauspiel von Lutz Hübner und Sarah Nemitz wurde vom Premierenpublikum zu Recht immer wieder mit Szenenapplaus und langanhaltendem Schlussapplaus für das gesamte Schauspiel- und Regieteam um die Regisseurin Swantje Lena Kleff gefeiert.
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Der Inhalt ist kurz erklärt: Elf Menschen wollen gemeinsam ein großes Haus bauen, um darin in Gemeinschaft zu wohnen und alt zu werden. Simpel und gut. Aber eben nicht, wenn die Menschen fast nichts voneinander wissen und erst bei ihren Treffen für die Vorbereitungen der Vertragsunterzeichnungen für den Kredit und die Baugenehmigung sich mehr und mehr kennenlernen und hinter die Fassade jedes Einzelnen blicken. Wie ist es, wenn es ein finanziell klammes Künstlerpaar mit Baby, ein junges Ärztepaar, der ehrgeizige und selbstverliebte Architekt des Projektes, ein gut betuchtes schwules Paar („Wir sind bourgeois“), das biedere Ehepaar mit der genervten Teenie-Tochter sowie eine einstige, illustre Kneipenbesitzerin aufeinandertreffen, um solch ein gewagtes Projekt zu starten? Wie bekommt jede und jeder seinen angemessenen Wohnraum und wie soll dieser gestaltet werden? Nach und nach offenbaren sich die unterschiedlichen Lebensgeschichten und -modelle, die wohl im Laufe der turbulenten und auch nachdenklichen Geschichte so gar nicht zueinander passen mögen. Wie ist es, wenn man gar nicht in einem offen Glashaus wohnen will, von dessen Modell der Architekt bereits von Architekturpreisen träumt? Wie steht es um die Solidargemeinschaft und die Verantwortung füreinander, wenn plötzlich eine Schwangerschaft oder eine Notfallsituation, das Projekt ins Wanken bringen und alle in ihrem gemeinschaftlichen Engagement gefordert sind?
Oldenburger Schauspiel-Ensemble überzeugt
Der Regisseurin Swaantje Lena Kleff ist es gelungen, all diese Fragen nach der Autorenvorlage in einer unterhaltsamen Komödie ohne Anlaufzeit zu inszenieren, die nie albern oder platt wird. Gekonnt wechselt ihre Arbeit mal in Nuancen und mal mit dem Holzhammer zwischen laut und leise, bissig und böse. Die Charaktere bekommen ihren Raum, sich mit ihren Eigenheiten, Sorgen und Gedanken in Szene zu setzen.
Das Bühnenbild, wohl einer Umkleidekabine eines Fitnessstudios nachempfunden, ist mit einer sehenswerten Lichtinstallation ausgestattet. Eine bewegliche Glaswand trennt die privaten (Streit-)Gespräche der Protagonisten, am vorderen Bühnenrand vom Geschehen, während die anderen aus dem Hintergrund interessiert lauschen. Die Gesangsqualitäten des Ensembles kommen voll zum Einsatz, wenn die Idealvorstellungen der unterschiedlichen Wohnungseinrichtungen äußerst unterhaltsam gesanglich vorgetragen werden.
Der Regisseurin Swaantje Lena Kleff ist mit „Richtfest“ eine sehenswerte Inszenierung gelungen, die vom Premierenpublikum gefeiert wurde und für eine rege Kartennachfrage sorgt.
Foto: Stephan Walzl
Wenn es zum Ende des Stückes mehr und mehr um existenzielle Fragen des Miteinanders und ob und wie man überhaupt zusammenwohnen, leben und alt werden kann und will, und plötzlich alle Pläne und Träume in Frage gestellt werden, bekommt das „Richtfest“ seine tiefere Bedeutung. Diese Ebene des Stückes kommt allerdings insgesamt zu wenig zum Tragen. Die Regisseurin hätte gut daran getan in ihrer Inszenierung, diesem aktuellen Thema mehr Raum für diese existenziellen Fragen zu geben. Gleichwohl ist es ein schwieriger Spagat, sich zwischen Komödie und Realität zu entscheiden.
Vorstellungstermine und Karten sind unter www.staatstheater.de erhältlich.