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Staatstheater: „Farm der Tiere“ perfekt im Heute

Der Literaturklassiker „Farm der Tiere“ von George Orwell überzeugt derzeit im Oldenburger Staatstheater. Regie führte Ingo Putz.

Der Literaturklassiker „Farm der Tiere“ von George Orwell überzeugt derzeit im Oldenburger Staatstheater. Regie führte Ingo Putz.
Foto: Stephan Walz

Oldenburg (vs/ki) „Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher“ – diese zentrale Aussage prägt das Stück „Farm der Tiere“, das jetzt im Oldenburgischen Staatstheater zu sehen ist. Wie aktuell diese Aussage ist, zeigt sich an der politischen Lage und der sozialen Schieflage in unserer Gesellschaft. So bleibt das Schauspiel von George Orwell aus dem Jahr 1945 auch heute hochaktuell.

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Einen großen Anteil am Erfolg der Oldenburger Inszenierung hat Dramaturg Matthias Grön, der das Stück übersetzte und eine eigene Fassung für Oldenburg schrieb. Die Premiere im ausverkauften Kleinen Haus wurde vom Publikum mit langanhaltendem, herzlichem Applaus gefeiert. Auch das gesamte Schauspielensemble sowie das Team hinter den Kulissen um Regisseur Ingo Putz erhielten ihren verdienten Applaus. Ingo Putz gelingt es mit Bravour, die Geschichte der von ihrem Besitzer Mr. Jones vernachlässigten Tiere auf der Herren-Farm in die Gegenwart zu übertragen. Dabei verzichtet die Inszenierung auf den erhobenen Zeigefinger – sie will weder belehren noch erschrecken.

Die Aufführung besticht durch eine gelungene Mischung aus Schauspiel und Puppenspiel. Dem Ensemble gelingt es, den Tieren mit ihrer eigenen Persönlichkeit und großem Können so viel Leben und Charakter einzuhauchen, dass die Grenze zwischen Tier und Mensch verschwimmt. Individuell und präzise führen die Schauspielerinnen und Schauspieler die Tiere und verkörpern deren Wesen – zwischen Intelligenz, Führungsstärke, Naivität, Kraft und Schwäche – mit beeindruckender Leichtigkeit.

Dass diese Symbiose zwischen Mensch und Tier so eindrucksvoll gelingt, ist auch Maik Evers zu verdanken, der für Puppenregie und Coaching verantwortlich ist. Gemeinsam mit Carola Hoyer entwickelte er die Entwürfe – vom frechen und hinterlistigen Raben über das sensible Schaf und den arbeitswütigen Ackergaul bis hin zum schlauen Eber und dem alternden, resignierenden Esel.

Spiel der Puppen berührt

Klaas Schramm spielt den müden und hoffnungslosen Esel mit einer Sensibilität und Herzlichkeit, die berührt. Hagen Bähr verkörpert die selbstbewussten Eber Mr. Jones und Napoleon mit klarer Linie. Laura Schulze, Gast der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin, gibt dem nimmermüden Ackergaul Boxer eine anrührende Gestalt. Julia Friede, ebenfalls voller Spielfreude, spielt die freche Ziege Mathilda. Andreas Spaniol übernimmt die Rolle des Verbindungsmannes zwischen Tier und Mensch. Petzer, der folgsame und intrigante Eber, sowie die arbeitsscheue Katze werden mit Witz von Tamara Theisen geführt. Jago Schlingensief, ebenfalls Gast der Ernst-Busch-Schule, spielt unter anderem den zahmen, schwarzen Raben Moses. Bühne (Carola Hoyer), Licht (Steff Flächsenhaar) und Musik (Johannes Winde) bilden einen stimmigen, akzentuierten Rahmen für diese berührende Inszenierung. Die Statisterie kommt in dieser Inszenierung ebenfalls voll zum Zuge.

Inhalt zu „Farm der Tiere“

Inhaltlich erzählt das Stück die Geschichte des preisgekrönten Ebers Mr. Jones, der seine tierischen Mitbewohner zur Revolte gegen ihren menschlichen Peiniger aufruft. Er träumt von einer besseren Zukunft in Freiheit und Gleichheit. Schließlich gelingt die Revolution: Die Tiere jagen Mr. Jones vom Hof, und die „Herrenfarm“ wird zur „Farm der Tiere“. Doch bald übernehmen die intelligenten Schweine die Macht. Der anfängliche Zusammenhalt bröckelt, und neue Machtstrukturen entstehen – geprägt von Manipulation, Verrat und Tyrannei. Die Zukunftspläne der Schweine wachsen ins Maßlose und spiegeln aktuelle politische Entwicklungen wider.

George Orwell zog mit seiner Geschichte Parallelen zum politischen System der damaligen Sowjetunion. Er hatte in Spanien die Machtübernahme der Kommunisten und deren Verfolgung von Widersachern miterlebt, während in der UdSSR die großen Säuberungen begannen. Mit „Animal Farm“ schuf er eine literarische Form, die die Mechanismen totalitärer Systeme auf einfache und eindrückliche Weise entlarvt.

Zeitlos und spannend inszeniert

Herausragend an der Oldenburger Inszenierung ist die Idee der Regie, dass das perfekt aufeinander eingespielte Ensemble nach und nach die tierischen Hüllen ablegt und schließlich als allein handelnde Menschen auf der Bühne agiert. So führt es die individuellen Charakterzüge der Figuren fort und offenbart die wahren Gesichter hinter den Masken. „Farm der Tiere“ ist in der Oldenburger Version ein zeitloses, spannendes und ebenso berührendes Stück Theater, das dem Publikum einen Spiegel vorhält und zum Nachdenken anregt.

Informationen, Vorstellungstermine und Karten: online unter www.staatstheater.de oder telefonisch unter 0441 2225111.

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