Im Oldenburger Landgericht wurde die Räumungsklage der Stadt Oldenburg gegen die Wagenburg verhandelt.
Foto: Anja Michaeli
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Oldenburg/am – Am heutigen Freitag, 4. Oktober, wurde die Räumungsklage der Stadt Oldenburg gegen die Wagenburg vor dem Oldenburger Landgericht verhandelt. Zur Entscheidung steht die Frage, ob eine ordentliche Kündigung des Geländes am Stau rechtens war oder nur eine Sonderkündigung auf Eigenbedarf Geltung hätte. Das Urteil wird am kommenden Freitag verkündet.
Wie bereits mehrfach berichtet, soll die Wagenburg das Gelände am Stau für das städtebauliche Projekt „Quartier Alter Stadthafen“ verlassen. Seit rund 20 Jahren besteht die alternative Wohnform an dieser Stelle. Die Bewohner möchten nun auf ein alternatives Areal umziehen, können sich jedoch mit der Stadtverwaltung nicht einigen. Während die Wagenburgler an weiteren Verhandlungen interessiert sind, ließ sich die Stadt Oldenburg trotz einer Unterschriftenaktion, an der sich rund 3000 Unterstützer beteiligten, von der Räumungsklage nicht abbringen. Eine gütliche Einigung wurde heute vor Gericht erneut abgelehnt. „Es hat genügend Möglichkeiten der Einigung gegeben“, betonte Rechtsanwalt Andreas Genze für die Stadt Oldenburg und bezog sich damit auf 45 Gelände, die angeboten wurden. Jörg Skyba vom Wagenburg-Verein widersprach dem, denn lediglich fünf Plätze davon seien in Frage gekommen.
Die Verhandlung am heutigen Freitag begann mit einer Erklärung des Richters Dr. Dirk Rahe, der betonte, dass es an dieser Stelle nur um einen kleinen Ausschnitt des Konfliktes gehe. Auf juristischer Ebene würde die Vertragsgrundlage der Kündigung bewertet. Die Frage dreht sich darum, ob eine ordentliche Kündigung Geltung hätte oder nur eine Sonderkündigung wegen Eigenbedarf mit dem Angebot eines Alternativgeländes rechtens sei. Am 28. November 2012 hatte die Stadt der Wagenburg ordentlich gekündigt, parallel dazu fanden Verhandlungen über eine Ersatzfläche statt. Die politischen Bemühungen um eine Lösung könnten mit einer Gerichtsentscheidung nicht beendet werden, betonte der Richter. Der Verein sieht die Zuständigkeit für den Prozess nicht beim Landgericht, sondern beim Amtsgericht, weil es sich um eine Mietsache handele. Dem erteilte der Richter heute eine Absage. Mietverträge würden für die Überlassung von Wohnraum gelten, hier ginge es um ein Grundstück.
Für das Gelände am Stau wurde in den 90er Jahren ein Pachtvertrag über 1000 Mark abgeschlossen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von einem Jahr und wurde regelmäßig verlängert, teilweise etwas modifiziert. Jetzt geht es um die juristische Frage, ob in diesem Rahmen die ordentliche Kündigung rechtens war oder – analog dem Mieterrecht – Schutzvorschriften angewendet werden müssen (Kündigung als Eigenbedarf mit dem Angebot eines Ersatzareals). Die Rechtsanwältin Mareike Kaempf, die den Verein der Wagenburgbewohner vertritt, sagt: „Die Stadt braucht das Gelände, dann muss sie auch ein anderes Grundstück finden. Die Erschließungskosten für den Platz am Stau hat der Verein getragen, nun muss die Stadt die Erschließungskosten für das neue Grundstück bezahlen.“ Das sieht Rechtsanwalt Genze anders: „Es gibt eine Ersatzfläche und einen Vertragsentwurf, der kann sofort unterschrieben werden.“ Wenn die Stadt nicht kündigen könne, sei sie auf Gedeih und Verderb mit der Wagenburg verbunden. Darauf erwiderte Kaempf, dass der Stadtrat 2008 in einer Petition festgelegt habe, selbstbestimmtes Leben und Wohnen zu unterstützen.
Das Landgericht Oldenburg wird jetzt die unterschiedlichen Rechtsauffassungen prüfen und bewerten. Am kommenden Freitag, 11. Oktober, 9 Uhr soll die Entscheidung in der Elisabethstraße verkündet werden.
Heute, 4. Oktober, findet ab 16.30 Uhr eine Solidaritätskundgebung ab dem Wagenburgplatz am Stau 117a statt. Um 21 Uhr beginnt ein Konzert mit „Kenny Kenny Oh oh“ und „levitations“.