
Die Brücke über die Alexanderstraße muss abgerissen werden. Über die Konsequenzen muss die Stadt schnell nachdenken.
Foto: Anja Michaeli
Oldenburg (zb) – Verkehrstechnisch kommen auf die Stadt Oldenburg schwere Zeiten zu. „Die Autobahnbrücke über die Alexanderstraße im Zuge der A293 muss abgerissen werden, weil sie rechnerisch für die zukünftige Verkehrsbelastung unterbemessen ist“, erläutert Joachim Delfs, Leiter der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Oldenburg. Weitere Brücken sind gefährdet.
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„Die vor 40 Jahren gebaute Brücke ist an sich in einem guten Zustand, kann aber perspektivisch gesehen die immer größer werdenden Lasten nicht tragen. Die Brücke ist keineswegs akut einsturzgefährdet“, gibt er Entwarnung. „Da bröckelt oder rostet nichts, das wissen wir aus den regelmäßigen Brückenprüfungen, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Wir haben außerdem aktuell Spannstahlproben entnommen, die keinerlei Auffälligkeiten aufweisen. Sie waren von guter Qualität, die Verpressung mit flüssigen Beton war gut, Korrosion konnte nicht entdeckt werden“, berichtet Delfs. „Die Brücke erhielt die Note 2,5 auf einer Skala von eins bis vier. Das ist vollkommen normal“, klärt der Bauingenieur auf.
Doch als die Brücke vor über vier Jahrzehnten geplant wurde, ging man von anderen Verkehrsentwicklungen aus als sie gegenwärtig herrschen und für die nächsten drei Jahrzehnte prognostiziert werden. Deshalb gibt es bundesweit neue Lastmodelle, wonach diese Brücke den Belastungen nicht mehr standhalten wird. Im Amtsbezirk der Landesbehörde sind vermutlich 30 weitere Brücken betroffen, zwei wurden schon neu gebaut. In Niedersachsen müssen nach jetzigem Stand 220, im Bundesgebiet rund 2200 Brücken erneuert oder verstärkt werden.
Blickt man ins Jahr 1950 zurück, so fuhren durchschnittlich 3000 Autos täglich auf den verschiedenen Autobahnen. 1975 waren es bereits 25.000, in diesem Jahr werden es 50.000 sein und im Jahr 2050 gehen Fachleute von 100.000 Fahrzeugen durchschnittlich aus. „Diesen Belastungen ist die Brücke über die Alexanderstraße auf Dauer nicht gewachsen. Hinzu kommt gegenwärtig schon der genehmigungspflichtige Schwerlastverkehr, der immer stärker eingeschränkt werden muss“, berichtet Delfs.
„Die Obergrenze beim normalen Schwerlastverkehr liegt bei 40 Tonnen. Genehmigungspflichtige Schwerlastverkehre bringen bis zu 100 Tonnen Last auf die Straße. Da müssen wir bei der Brücke über die Alexanderstraße schon sehr genau hingucken“, macht er das Problem deutlich. Das heißt, der genehmigungspflichtige Schwerlastverkehr wird demnächst solche Brücken nicht mehr oder erheblich eingeschränkt passieren dürfen, was ganz sicher zu Protesten der Wirtschaft führen wird, weil ihre Güter nicht mehr reibungslos transportiert werden können.
„Eine neue Autobahnbrücke, die frühestens 2016 gebaut werden wird, orientiert sich am bundesweit neuen Lastmodell. Sehr vereinfacht ausgedrückt muss man sich vorstellen, dass sich auf der gesamten Brücke auf beiden Fahrstreifen Schwerlastverkehr befindet mit mindestens jeweils 40 Tonnen und dann an der ungünstigsten Stelle gerechnet wird, ob die Last getragen werden kann“, erklärt Delfs.
Die Huntebrücke hält den drohenden Belastungen durch Schwerverkehre ebenfalls auf Dauer nicht mehr stand. Ob sie abgerissen oder verstärkt wird, entscheidet sich in den nächsten Wochen sobald die Berechnungen auf dem Tisch liegen.
Foto: Anja Michaeli
Ebenfalls betroffen ist die Huntebrücke im Zuge der A29. „Hier wissen wir allerdings noch nicht, ob sie erneuert werden muss oder verstärkt werden kann“, berichtet Delfs weiter. „Entsprechende Berechnungen werden derzeit von speziellen Ingenieurbüros vorgenommen, aber das dauert. Zum einen ist das kompliziert, zum anderen sind die Büros überlastet, weil es um 2200 Brücken im Bundesgebiet geht, die alle berechnet werden müssen.“
Auf jeden Fall wird dort in diesen Tagen ein in Oldenburg bislang noch unbekanntes Verkehrsschild aufgestellt, das einen Mindestabstand verlangt. Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 Tonnen oder eine Zugmaschine führt, darf den angezeigten angegebenen Mindestabstand – in diesem Fall vermutlich 50 Meter – zu einem vorausfahrenden Kraftfahrzeug gleicher Art nicht unterschreiten. Personenkraftwagen und Kraftomnibusse sind ausgenommen.
Die beiden angesprochenen Brücken stellen aber noch nicht alles an Hiobsbotschaften für die Stadt dar. Es sei zu vermuten, dass im Verlauf der Südumgehung der A28 weitere Brücken betroffen sind. „Deren Belastbarkeit wird ebenfalls neu errechnet“, kündigt Delfs abschließend an. Wann die Berechnungen abgeschlossen sind, ist derzeit noch nicht absehbar. Die Stadt muss sich also in Geduld fassen und sich zunächst der Brücke über die Alexanderstraße zuwenden.